Von der Hochschule ins Unternehmen: Wie gelingt der Transfer wissenschaftlicher Erkenntnisse in die Wirtschaft?
Neue wissenschaftliche Erkenntnisse sind eine Grundvoraussetzung um die Innovationskraft und Produktivität einer Volkswirtschaft zu steigern. Obwohl die Anzahl wissenschaftlicher Publikationen in den letzten Jahrzehnten stetig gestiegen ist, stagnierte das Produktivitätswachstum in den meisten Industrieländern (vgl. Arora et al., 2019). Des Weiteren beobachten wir, dass Unternehmen zunehmend weniger Grundlagenforschung «in-house» betreiben. Stattdessen greifen sie verstärkt auf wissenschaftliche Erkenntnisse von den Hochschulen zurück, um innovative Technologien oder Produkte zu entwickeln (vgl. Fleming et al., 2019). Diese Beobachtungen weisen auf ein grundlegendes Problem hin: Es besteht eine Kluft im Wissenstransfer zwischen Hochschulen und Unternehmen, die weitreichende Konsequenzen für unsere Wirtschaft hat.
Die neue Arbeitsteilung, in der Hochschulen sich auf die Forschung und Unternehmen sich vermehrt auf die Entwicklung und Kommerzialisierung konzentrieren, bringt einige Schwierigkeiten mit sich. Wissenschaftlern an Hochschulen wird oft nachgesagt, dass ihre Arbeiten zu wenig anwendungsorientiert seien («Theorie-Praxis Kluft»). Die erkenntnisgetriebene Herangehensweise an den Hochschulen steht dabei oft im Konflikt mit den zielorientierten, kommerziellen Interessen der Unternehmen.
Auch fällt es Unternehmen zunehmend schwerer aus der Flut der wissenschaftlichen Publikationen die für sie wichtigen Erkenntnisse herauszufiltern. Das wissenschaftliche Know-How in eine technische Entwicklung umzusetzen, gelingt dabei insbesondere über wissenschaftliche Kollaborationen (vgl. Perkmann et al., 2013 und 2021). Vor allem eine Zusammenarbeit mit wissenschaftlichem Fachpersonal erhöht die Wahrscheinlichkeit einer hochwertigen Innovation und kann somit die Produktivität des Unternehmens steigern (vgl. Gittelman und Kogut, 2003). Ein typisches Beispiel einer solchen Kollaboration ist die Integration eines Spin-offs oder Start-ups in das Unternehmen. Doch auch dieser Ansatz des Wissenstransfers wird häufig erschwert durch organisatorische/institutionelle Hemmnisse, sowie hohe Kosten und Risiken seitens der Unternehmen (vgl. Studie 4, SBFI Bericht, 2020).
Welche Maßnahmen müssen ergriffen werden, um die Kluft im Wissenstransfer zu verringern? Wie können mögliche Interessenskonflikte zwischen Hochschulen und Unternehmen vermieden werden? Was kann die Politik tun und welche Rolle spielt der institutionelle Rahmen? Müssen wir die Zusammenarbeit von Hochschulen und Unternehmen womöglich neu denken?


Betreuende Forschende
Nicole Loumeau
Dr. Nicole Loumeau arbeitet als Postdoktorandin im Fachbereich Innovationsökonomik an der Konjunkturforschungsstelle (KOF) der ETH Zürich. In ihrer Forschung beschäftigt sie sich mit der Bedeutung wissenschaftlicher Publikationen für die technische Entwicklung von Innovationen. Sie hat im Oktober 2020 ihre Promotion mit dem Schwerpunkt Economic Geography an der ETH Zürich abgeschlossen. Zuvor studierte sie Philosophy& Economics (M.A.) an der Universität Bayreuth und International Economics (B.Sc.) an der Universität Tübingen.