Thema 2021

„Mein Haus, mein Sparbuch, meine Rente“: Was kann man tun, wenn die Zinsen niedrig bleiben?

Nach der globalen Finanz- und Wirtschaftskrise 2007/2008 hat die Europäische Zentralbank (EZB) ihre Leitzinsen massiv gesenkt und seit Mitte 2014 ist der Einlagenzins für Geld, das Banken kurzfristig bei der EZB anlegen wollen, sogar negativ. Mit dieser expansiven Geldpolitik soll die Rate, mit der Preise in der Eurozone steigen (die Inflationsrate), wieder auf das angestrebte Niveau von etwa 2% pro Jahr gehievt werden. Die niedrigen Zinsen sollen Banken dazu animieren, ihren Kunden mehr Kredite zu günstigen Konditionen zu vergeben, so dass diese wiederum investieren und konsumieren und damit das Wirtschaftswachstum ankurbeln. Wenn die Wirtschaft boomt, können Unternehmen ihre Preise anheben und die Inflationsrate steigt. Die sogenannte Niedrigzinsphase dauert im Euroraum nun schon seit mehreren Jahren an und es gibt Stimmen, die darlegen, dass dies auch noch viele weitere Jahre so bleiben wird.
Zu verstehen, ob, und gegebenenfalls für wie lange, die Zinsen niedrig bleiben werden, ist essentiell, denn das Zinsniveau beeinflusst die Finanzentscheidungen von Haushalten, insbesondere die langfristigen Entscheidungen bezüglich Sparen für die Rente und Immobilienerwerb. Gleichzeitig wird die Höhe der staatlichen Rente besonders durch die fortschreitende Alterung der Gesellschaft immer unsicherer und eine private Altersvorsorge daher unabdingbar. Passen Haushalte ihre Finanzentscheidungen also nicht sich ändernden Gegebenheiten an, laufen sie Gefahr, von Altersarmut bedroht zu sein. Haushalte haben mehrere Möglichkeiten, für das Alter vorzusorgen: sie können in Bankeinlagen, Versicherungspolicen oder Kapitalmarktprodukte (z.B. Aktien, Anleihen, Fonds) investieren oder eine Immobilie erwerben. Die Immobilie bietet zum einen mietfreies Wohnen im Alter, kann zum anderen aber auch verkauft und der Erlös als Beitrag zu den monatlichen Konsumausgaben verwendet werden. Dabei ist zu beachten, dass die Zinsen auf die Preise und Renditen all dieser Produkte Einfluss haben.

Vor diesem Hintergrund ist es zunächst wichtig zu verstehen, warum die Zinsen so niedrig sind und ob dies auch in Zukunft so bleiben wird. Basierend auf dieser Analyse ergeben sich zwei zentrale Herausforderungen: Was bedeutet das Niedrigzinsumfeld für die Entscheidung von Haushalten bezüglich Sparen für die Rente und Immobilienerwerb? Und wie bekommt man die Leute dazu, ihr Verhalten zu ändern?

Wissenschaftlicher Partner:

Betreuer der YES!-Teams und Autoren des Themenvorschlags:

Karolin Kirschenmann

Foto: Anna Logue Photography

Dr. Karolin Kirschenmann ist stellvertretende Leiterin des ZEW-Forschungsbereichs „Internationale Finanzmärkte und Finanzmanagement“. Vor ihrer Tätigkeit am ZEW war sie von 2011 bis 2015 Assistant Professor im Bereich Finance an der Aalto-Universität in Helsinki. 2011 wurde sie an der Universität Heidelberg im Fach Volkswirtschaftslehre promoviert. Ihre Forschungsschwerpunkte liegen im Banking und der (globalen) Finanzintermediation. Dabei beschäftigt sie sich aktuell zum einen mit der Verflechtung von Banken in Europa und deren Auswirkungen auf die Ausbreitung von Krisen über Ländergrenzen hinweg sowie deren Folgen für die Kreditvergabe von Banken und für die Realwirtschaft. Zum anderen forscht sie zum Verhalten von Sparern in Bankenkrisen.

YES!-Themen von Karolin Kirschenmann

Jesper Riedler

Dr. Jesper Riedler studierte Wirtschaftsingenieurswesen an der Technischen Universität Darmstadt. 2016 wurde er an der Justus Liebig Universität Gießen im Fach Volkswirtschaftslehre promoviert. Dr. Riedler arbeitet als Postdoc im ZEW-Forschungsbereich „Internationale Finanzmärkte und Finanzmanagement“. Seine Forschungsschwerpunkte sind Finanzmarktstabilität und –regulierung, Geldpolitik sowie die wechselseitige Beziehung zwischen Finanzsektor und Realwirtschaft.

YES!-Themen von Jesper Riedler

2020-10-21T10:09:58+02:00
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