Kurzsichtiges Management – Warum Unternehmensführungen besessen von Quartalsergebnissen sind
Kurzsichtiges Management beschreibt die Tendenz von Manager:Innen, kurzfristige Gewinne auf Kosten möglicher (noch) größerer langfristiger Gewinne zu erzielen. Dieses Phänomen ist besonders in börsennotierten Unternehmen präsent, die die vierteljährlichen Gewinnerwartungen der Investoren erfüllen müssen. Daher wird in der Praxis oft beklagt, dass ein börsennotiertes Unternehmen den Ermessensspielraum des Managements einschränkt, um in langfristige Projekte wie Innovationen zu investieren.
Ingvar Kamprad, der Gründer des Möbelkonzerns Ikea, merkt beispielsweise an, dass „der Verbleib von Unternehmen wie Ikea in privater Hand die Freiheit sichern würde, einen langfristigen Blick auf Investitionen und die Geschäftsentwicklung zu haben“ (Kamprad 2011). Ebenso kündigte der Computerhersteller Dell an, das Unternehmen 2014 in Privatbesitz zu nehmen, um „Entscheidungen zu treffen, die nicht nur auf den Gewinnen und Umsätzen im nächsten Quartal basieren, sondern mit einem längerfristigen Fokus“ (Devaney 2013, S.8).
In Wirtschaftszeitschriften wird darauf hingewiesen, dass Unternehmen versuchen sollten, „die Besessenheit der Wall Street von vierteljährlichen Gewinnerwartungen zu vermeiden“ (Forbes 2003, S.174). Tellis (2013, S. 239) bezeichnet die negativen Auswirkungen der Börse auf Managemententscheidungen als den „Fluch der Wall Street“ und führt aus, dass „der Druck der Investoren an der Wall Street Manager dazu veranlasst, Investitionen in Innovationen zu kürzen, um die aktuellen Gewinne und Aktienkurse zu steigern, was auf Kosten zukünftiger Innovationen, des Wachstums und der langfristigen Marktkapitalisierung geht.“
Auch die wissenschaftliche Literatur weist auf die Gefahren eines kurzsichtigen Managements und die potenziell verheerenden Folgen für das Unternehmensverhalten hin (siehe z. B. Graham et al. 2005; Mizik 2010; Chakravarty und Grewal 2011).
Eine wichtige Frage, die für Manager, Investoren und politische Entscheidungsträger gleichermaßen von Interesse ist: Wie kann die Besessenheit von Quartalsgewinnen eingedämmt und ein kurzsichtiges Management vermieden werden?


Betreuende Forschende
Simone Wies
Simone Wies hat die Professur für Marketing Strategy & Performance an der Goethe Universität Frankfurt inne. Zuvor forschte sie als Juniorprofessorin für Marketing und Finance am Leibniz Institute for Financial Research SAFE an der Goethe Universität sowie als Post-Doctoral Researcher an der Fuqua School of Business, Duke University. Ihren M.Sc. in Marketing und Finance und ihren Ph.D. in Finance absolvierte sie an der Universität Maastricht. In ihrer Forschung widmet sich Simone Wies den Interaktionen zwischen Finanzierungsstrategien und Marketingentscheidungen von Unternehmen mit einem besonderen Fokus auf Innovationsstrategien. Sie untersucht dabei zum Beispiel wie Kapitalmärkte Marketing-Entscheidungen und Innovationsprojekte bewerten, und wie diese Bewertungen wiederum die strategischen Entscheidungen beeinflussen die Manager treffen. Neben ihrer Forschungstätigkeit lehrt sie im Marketing Analytics M.Sc. Programm, ist Direktorin der Marketing Spezialisierung im B.Sc. Programm und Direktorin des Marketing Ph.D. Tracks der Graduate School of Economics, Finance, and Management.