Der Fachkräftemangel im Handwerk: Wie können handwerkliche Ausbildungsberufe wieder attraktiver werden?
In den Handwerksberufen besteht aktuell ein Fachkräfteengpass von knapp 65.000 Handwerker*innen (Schirner et al., 2021). Für Handwerksbetriebe ist die Nachwuchsgewinnung deshalb von elementarer Bedeutung. Allerdings ist diese mit immer größeren Problemen verbunden: So ist der Anteil der Betriebe, die ihre Ausbildungsplätze nicht oder nur teilweise besetzen konnten, im letzten Jahrzehnt um knapp 10 Prozentpunkte auf 54,6 Prozent gestiegen (Bundesinstitut für Berufsbildung, 2013, 2021). Doch nicht alle Handwerke sind im gleichen Maße vom Nachwuchsproblem betroffen: Besonders betroffene Berufsgruppen sind zum Beispiel Fleischer*innen, Klempner*innen, Betonbauer*innen, Gerüstbauer*innen und Bäcker*innen (Bundesinstitut für Berufsbildung, 2021).
Ein zentraler Grund für den Fachkräftemangel ist der demographische Wandel. So wird geschätzt, dass die Altersgruppe der 16- bis 20-Jährigen bis 2030 um rund 11 Prozent – bezogen auf das Jahr 2013 – zurückgehen wird (Statistisches Bundesamt, 2015). Die gestiegene Studierneigung verstärkt den demographischen Effekt weiterhin: Während die Studienanfängerquote in 2000 noch bei rund 33 Prozent lag, ist diese bis 2019 auf 58 Prozent angestiegen (Statistisches Bundesamt, 2020). Am anderen Ende der Altersverteilung wird der Fachkräftemangel durch den nun anstehenden sukzessiven Renteneintritt der geburtenstarken Jahrgänge verschärft (Marjenko et al., 2021). So werden bis 2026 schätzungsweise 78.000 bis 125.000 Handwerksbetriebe zur Übergabe anstehen (Runst & Thomä, 2021). Das Nachwuchsproblem beeinflusst in der mittleren Frist so auch den Bestand an Handwerksbetrieben und nachgelagert dazu auch die allgemeine Verfügbarkeit und die Preise von Handwerksdienstleistungen.
Vor dem Hintergrund der beschriebenen Entwicklungen wird deutlich, dass Handwerksbetriebe vor erheblichen Herausforderungen stehen. Dabei hat sich das Handwerk in den vergangenen Jahren wiederholt als besonders krisensicherer Wirtschaftssektor bewiesen. Viele der handwerklichen Berufe sind zudem nicht automatisierbar und dadurch besonders zukunftssicher (Schirner et al., 2021). Und auch die hohe Arbeitszufriedenheit spricht für das Handwerk: So antworteten knapp die Hälfte der befragten Handwerker*innen in einer Online-Umfrage von 2017 und 2018, dass sie zufrieden oder sogar sehr zufrieden mit ihrer Arbeit seien (Blankenberg & Binder, 2020). Doch warum sind Ausbildungen im Handwerksbereich dann so unpopulär? Warum sind manche Berufsgruppen härter vom Nachwuchsproblem betroffen als andere? Und könnte die Corona-Pandemie die Ausbildungsentscheidung junger Menschen verändert haben? Hier sind wir auf eure Erkenntnisse gespannt.
Bevor ihr euren eigenen Lösungsvorschlag ausarbeitet, solltet ihr euch zuerst einen Überblick über das Nachwuchsproblem und die schon vorhandenen Lösungsvorschläge verschaffen: Da gibt es die Imagekampagne vom Zentralverband des Deutschen Handwerks (ZDH), die verstärkten Vermittlungsanstrengungen der Industrie- und Handelskammern, und neue Ausbildungsformen, allen voran duale Studiengänge, die die Handwerksberufe attraktiver machen sollen. Doch bisher scheinen diese Maßnahmen noch nicht ausgereicht zu haben. Was glaubt ihr: Müssten sich die Arbeitsbedingungen im Handwerk ändern, die Art, wie Handwerksbetriebe nach Auszubildenden suchen oder liegt das Problem im „Image“ der Handwerksberufe? Kurz: Was sind eure Ideen, um mehr Menschen für eine Ausbildung im Handwerk zu begeistern?


Betreuende Forschende
Dennis H. Meier

Foto: Christian Wyrwa
Nach abgeschlossener Berufsausbildung studierte Dennis H. Meier Wirtschaftswissenschaften (M.Sc.) an der Leibniz Universität Hannover. Seit seinem Abschluss ist er wissenschaftlicher Mitarbeiter und promoviert am Institut für Wirtschaftspolitik der Leibniz Universität Hannover. Hierfür beschäftigt er sich insbesondere mit den Auswirkungen der COVID-19-Pandemie auf die wirtschaftliche Lage von Studierenden in Deutschland.
Li Kathrin Kaja Rupieper

Foto: Christian Wyrwa
Kaja Rupieper ist wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Wirtschaftspolitik der Leibniz Universität Hannover. Zuvor studierte sie Soziologie und Volkswirtschaftslehre an der Georg-August-Universität Göttingen, der Université Paris Descartes und der Humboldt-Universität zu Berlin. Für ihre Promotion beschäftigt sie sich mit Ostdeutschland in der Nach-Wende-Zeit: Unter anderem untersucht sie hier die arbeitsmarktökonomischen Effekte von Erwachsenenbildung, angeboten von Volkshochschulen.