Dabeisein! Aber wie? Wie kann soziale Teilhabe gelingen?
In unserer Gesellschaft hat Erwerbsarbeit, d.h. Arbeit, mit der man Geld verdient, einen hohen Stellenwert. Das via Erwerbsarbeit verdiente Geld sichert unsere Lebensgrundlage, indem wir damit Wohnraum, Essen und Kleidung bezahlen und natürlich benötigen wir es auch, um damit unsere Freizeit zu gestalten, uns etwas zu gönnen und Dinge zu tun, die uns und anderen Freude bereiten (z.B. Urlaub, Sport, Feiern, Shoppen). Erwerbsarbeit ist eine wesentliche Voraussetzung eines „Dabeiseins“, das heißt: der Teilhabe an einem für ‚normal‘ erachteten gesellschaftlichen Leben. Einer Erwerbsarbeit nachzugehen, bedeutet für die meisten Menschen aber weit mehr als nur Geld zu verdienen: Erwerbsarbeit strukturiert unseren Alltag, sie schafft soziale Kontakte zu Kolleg*innen, kann als ausgesprochen sinnvoll empfunden werden, z. B. wenn wir wissen, dass sie anderen Menschen hilft und Nutzen stiftet oder wir mit anderen gemeinsame Ideen entwickeln und Projekte realisieren können. Die einfache Frage „Was machst Du eigentlich?“ lässt uns schlagartig klarwerden, was es bedeutet, in einem so verstandenen Sinne nicht dabei zu sein: Gibt es darauf keine rechte Antwort, sind sowohl die Fragesteller*in als auch die/der Gefragte in aller Regel peinlich berührt. Arbeitslosigkeit gilt in einer an Erwerbsarbeit ausgerichteten Gesellschaft als Makel.
Erwerbsarbeit zu haben, heißt nun aber nicht automatisch, dass jede und jeder gleich „dabei“ ist und Erwerbstätige nehmen nicht nur via Arbeit an Gesellschaft teil. Ebenso nehmen Menschen, die nicht erwerbstätig sind, in unterschiedlichen Formen an Gesellschaft teil, weil sie sich zum Beispiel um Kinder oder Angehörige zu Hause kümmern.
In diesem Schüler*innenforschungsprojekt wollen wir fragen, was Teilhabe für von Arbeitslosigkeit betroffene Menschen (Jugendliche, Erwachsene, Migrant*innen, Menschen mit Behinderung, ältere Menschen) bedeutet, und was sie brauchen, um Dabeisein zu können.
Wie nehmen diese Personen an Gesellschaft teil? Was brauchen sie, um teilzuhaben an der Gesellschaft? Was sind ihre Wahrnehmungen von Teilhabe? Fühlen sie sich als Teil der Gesellschaft oder eher von ihr ausgeschlossen? Welche Bedeutung hat die sozialräumliche Umgebung? Wie müssten Städte, Gemeinden, Orte und Plätze gestaltet werden, damit möglichst alle Mitglieder einer Gesellschaft teilhaben könnten? Welche politischen, sozialen und infrastrukturellen Instrumente müssten geschaffen werden?
Um das herauszufinden, könnt ihr Interviews mit arbeitslosen Jugendlichen und Erwachsenen führen, um daran anschließend Eure Idee, wie eine bessere Teilhabe ermöglicht werden kann, in einem Modell umsetzen (z.b. Architekturmodell, Stadtplan, App, Ausstellung etc.)

Wissenschaftlicher Partner:

Betreuer der YES!-Teams und Autoren des Themenvorschlags:
Claudia Globisch
Dr. Claudia Globisch ist Soziologin am Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) in Nürnberg und Lehrbeauftragte am Management Center Innsbruck und der Evangelischen Hochschule Nürnberg. Ihr Forschungsschwerpunkte sind Armuts- und Sozialpolitikforschung, Beratung und Vermittlung in der Arbeitsverwaltung, Antisemitismus- und Rechtsextremismusforschung und Qualitative Methoden. Sie hat im Fach Soziologie mit einer Arbeit zum Antisemitismus von links und rechts in Deutschland promoviert und arbeitet an ihrer Habilitation zum Thema „Die Arbeitslosen der Aktivierungsgesellschaft“. Am IAB ist sie mit der Implementationsstudie des Teilhabechancengesetzes und Forschungen zu den sozialen Folgen der Covid-19 Pandemie befasst.
Markus Gottwald
Dr. Markus Gottwald ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung in Nürnberg sowie Lehrbeauftragter an der Universität Erlangen-Nürnberg und der Hochschule Fulda. Im Jahr 2013 hat er im Fach Soziologie zur personalpolitischen Bearbeitung von Paarbeziehungen an der Universität Duisburg-Essen promoviert. Seine Arbeitsschwerpunkte sind Organisation und Verwaltung, Sozial- und Arbeitsmarktpolitik sowie qualitativen Methoden, speziell Ethnographie.
Katja Hartosch
Katja Hartosch studierte Medienwissenschaften und Soziologie. Seit 2010 ist sie Mitarbeiterin am Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) und arbeitet an einem Promotionsprojekt zum Thema Controlling in der Arbeitsverwaltung. Ihre Arbeitsschwerpunkte sind Organisationssoziologie, Soziologie der öffentlichen Verwaltung.